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100 Tage

Gestern war Sonntag. Es war auch der 100. Tag, der seit meiner Entscheidung, keinen Alkohol mehr zu trinken, vergangen ist. Es war kein außergewöhnlich schöner Tag. Es war ein Tag voller Selbstzweifel. Ein Tag mit zu wenig Antrieb und zu viel Unzufriedenheit. Es war ein Tag, an dem ich viel geschlafen, mich etwas mit dem besten aller Freunde gestritten habe und einfach schlechte Laune hatte. Es war aber auch kein außergewöhnlich schlechter Tag. Es war zum Beispiel ein Tag, an dem der beste aller Freunde mich selbstlos ins Freibad begleitet hat. Und mich zu einem Essen eingeladen hat. Da haben wir angestoßen, mit alkoholfreiem Bier. Auf 100 Tage ohne Alkohol. Keinen Alkohol zu trinken löst nicht jedes Problem. Aber es gibt kein Problem, das sich durch Alkohol lösen lässt.

Die Liste: 7 Neins und ein großes Ja

Endlich ist es so weit: Das Thermometer hat die 30-Grad-Marke geknackt, die Sonne scheint und die Abende sind lang. Allenthalben ist es jetzt Zeit für kühlen Weißwein, Aperol Spritz oder knackekaltes Bier. Allenthalben - bloß bei mir nicht. Und da auch die besten Freunde nun einmal nicht perfekt sind, sehe ich mich in diesem Kontext immer mal wieder der "Warum denn nicht?"-Diskussion ausgesetzt. Einerseits habe ich oft das Gefühl, dass diese Diskussion dem jeweils anderen viel ärger zusetzt als mir selber. Andererseits gehört dazu, jedenfalls bei den engeren Freunden, irgendwann eben auch der Punkt, an dem ich mehr oder weniger deutlich betone, dass ich das Trinken nicht im Griff habe wenn ich trinke. Und also deshlab nicht trinke. Darauf antwortet mein Gegenüber, irgendwo zwischen peinlich berührt und dem Bestreben, mir gut zuzureden oder mich vor einer gefühlten Demütigung zu bewahren: "Aber Du bist doch kein Alkoholiker!" Now we're talking. Ich also: "...

Über Partys und Abenteuer

Wie vermutlich ungefähr alle Menschen, die sich in den "normalen" Sphären unserer westlichen Feierkultur bewegen, waren Partys für mich immer ein Dealbreaker zuungunsten der Nüchternheit. Wobei, vielleicht sprechen wir lieber von "ausgehen", denn eine große Partymaus bin ich eigentlich noch nie gewesen. Stattdessen bin ich schon immer gern auf Konzerte gegangen - mit Bier. Und ich liebe gute Bars. Ach, Bars... Aber zunächst einmal zurück zu den Partys, jenen Gelegenheiten, wo wir Freunde treffen und neue Bekanntschaften machen. Von denen manchmal ein bisschen Glamour ausgeht und von denen ich in der Vergangenheit eigentlich jedes einzelne Mal, zumindest klammheimlich irgendwo tief in mir drin, gehofft habe, es möge einer jemer legendären Abende werden, die für immer einen bleibenden Platz im Logbuch meines Lebens haben. Legendär war meist leider nur mein Kater. Es gibt eine Folge von "Friends", in der ein alter Freund von Chandler und Ross in die Stadt...

7 mehr oder weniger elegante Möglichkeiten, "Nein, danke" zu sagen

Es kommt der Tag, wahrscheinlich eher früher als später, an dem Du in einer Situation bist, in der Du mit anderen zusammen bist, die etwas trinken. Alkohol ist komplett sozialisiert, viel besser als Cola oder Mineralwasser, und daher nennt man solche Situationen heute neudeutsch "social life". Wahrscheinlich werden Menschen Dir Alkohol anbieten. Oder Dich fragen, was Du trinkst, und spätestens beim zweiten "Wasser" die Augenbrauen hochziehen. Leider ist es mit einem schlichten "Nein, danke" sehr oft eben nicht getan, sondern es besteht ein gewisser, nun ja, Erklärungsbedarf. Das ist absurd, schließlich wird auch niemand, der eine Zigarette mit "Nein danke, ich rauche nicht" ablehnt, dazu genauer interviewt. Tatsächlich ist es genau dieser Moment, vor dem sehr viele Menschen, die problematisch trinken, so viel Angst haben, dass sie erst gar nicht versuchen, aufzuhören. Was also kannst Du tun oder sagen, um diese Klippe zu umschiffen? Ich habe in...

Die andere Seite des Zauns

Mittwochabend und endlich ist es so weit: Mein Liebster und ich haben uns aufgemacht, um die so ziemlich lustigsten drei Quatschmacher aller Zeiten mit ihrem neuesten Coup on Stage anzusehen. (Als ich sie das letzte Mal sah, war das witzigerweise der ungefähr unterhaltsamste verkaterte Samstagabend, den ich je verbracht habe.) Es ist ein großartiger, unterhaltsamer Abend und es ist außerdem schon so warm, dass wir ohne Jacke mit dem Fahrrad gekommen sind. Da es in der Veranstaltungshalle entsprechend stickig ist, verbringen wir die Pause, wie die meisten anderen auch, vor der Tür. Einfach vor der Tür dieses Mal: Ich habe hier schon oft Veranstaltungen besucht, doch all die vergangenen Male habe ich die Pause, ebenso wie die verbleibenden Minuten, bevor es losging - und manchmal auch einfach mittendrin eine Zeit lang - immer in dem kleinen Hinterhof verbracht, abgetrennt durch einen niedrigen Zaun - dort, wo man rauchen durfte. Dort passierte dann, was eigentlich im...

Alkoholabstinenz und Entzugserscheinungen in niedlich

Abstinenz ist ja so eine Sache: Manche sind Abstinenzler aus Überzeugung und quasi immer schon, anderen "schmeckt es einfach nicht" (ja, auch das soll es geben) und wieder andere sind, nun ja, gewissermaßen vom eigenen Überlebenstrieb (und damit meine ich Leben auch im Sinne von seelisch gesund) dazu gezwungen. Ich gehöre definitiv in die letzte Kategorie. Damit einher geht auch der Umstand (zumindest in meinem Fall), dass diese Entscheidung recht plötzlich, aus einer Not heraus getroffen wurde. Und das wiederum resultiert irgendwie auch in einen kleinen Schock: Man schmeißt sich ja quasi selbst ins kalte Wasser. Cold Turkey sozusagen. Wenn eine eine Reise tut, bereitet sie sich gewöhnlich ja ein bisschen vor, informiert sich also, was einen da in der Fremde erwartet. Ich saß derweil quasi schon im Zug, aber nun ja, Google funktioniert inzwischen ja zum Glück auch unterwegs. Doch wehe dem, der "Alkoholentzugserscheinungen" oder ähnliches durch die Suchmaschine ...

"Wahrscheinlich Alkoholiker"

Ich weiß, es klingt komisch - aber Alkoholprobleme brauchen mehr Sexappeal. "Also, wenn man nach diesen ganzen Richtlinien geht, bin ich wahrscheinlich auch Alkoholiker" - "Technisch gesehen bin ich bestimmt auch Alkoholikerin" - diese oder ähnliche Sätze habe ich gefühlt schon tausendmal gehört. Oder, von den ganz selbstkritischen: "Ich bin auch Alkoholikerin." Vorgetragen werden sie eigentlich immer auf die gleiche Weise: Der- oder diejenige, die den Satz sagt schaut dabei angestrengt ernst, damit das ob diesem Thema gebotene notwendige Maß an Selbstreflexion auch nicht übersehen werden kann. Fast unmerklich wird das "auch", dass bei diesem Satz wirklich nie vergessen wird, allerdings etwas deutlicher ausgesprochen, die Stimme geht ein wenig hoch, und dieses kleine Detail ist eigentlich das Wichtigste dabei, denn es bedeutet zum einen, dass man sich zu einer großen Gruppe zugehörig fühlt, einer Gruppe von Leuten, die eigentlich ganz cool si...